Mai bis Oktober 2015 im Heilbronner Torhaus Ludwigsburg

NETTES LUDWIGSBURG

Der Abriss der alten Marstall-Kaserne und der Neubau des monumentalen Marstall-Centers in den 1970er Jahren setzten völlig neue Maßstäbe im ältesten Stadtteil Ludwigsburgs – der Unteren Stadt. Die „Tälesbewohner“ blicken seitdem auf eine Wand aus Beton. Als im Zuge dieser Bebauung die Stadt auch noch eine Ringstraße mitten durch die Untere
Stadt und die Bauhofstraße plante war es mit der Geduld und Ruhe im Täle vorbei. Ein von Erfolg gekrönter Protest formierte sich gegen die 4-spurige Straße und den Abriss von circa 150 Häusern.

Knapp 50 Jahre später ist es wieder an der Zeit über einen solchen Protest nachzudenken, den in bislang unbebauten Grünzonen und Gärten rund um die Bauhofstraße entstehen Neubebauungen, die diese letzten intakten Bereiche in der unteren Stadt unwiederbringlich zerstören.

Wir wünschen uns, dass Nettes Ludwigsburg ein „nettes Ludwigsburg“ bleibt.

 

Johann Friedrich Nette
* 1673 Bernau † 9.12.1714 Nancy

LEBEN
Anfang 1700 hegte Herzog Eberhard Ludwig den Wunsch, auf den Hügeln, Wiesen und Wäldern Ludwigsburgs ein „kleines“ Jagdschloss zu erbauen.

Johann Friedrich Nette, Architekt, Pionierhauptmann und Ingenieuroffizier tat 1707 als Oberbaudirektor in den Dienst des Herzogs Eberhard Ludwig von Württemberg. Er übernahm die Bauleitung für das Schloss und die neu zu gründende Stadt.

1714 schrieb Oberhofmarschall von Forster über Nette, der sich gerade auf Grund seiner Krankheit in Karlsbad zu Kur befand: »….er sieht wahrhaft grün und gelb aus“ Durch seine Wassersucht wurde Nette immer reizbarer und launischer. Ende 1714 reiste er, wegen Meinungsverschiedenheiten zwischen von Forster und ihm, plötzlich nach Paris ab.

Der Herzog befahl Nettes Heimkehr, zu der es allerdings nicht mehr kam, da Nette auf der Heimreise an Leberzirrhose starb.

WERKE
Unter seiner Leitung entstanden unter anderem der Gasthof „Zum Goldenen Waldhorn“ und das Sternenfels’sche Palais in der Schlossstraße.

1713 ging ein Auftrag an Nette, ein hölzernes Provisorium zu einem steinernen Stall umzubauen, der eigentlich als Provisorium gedacht war. Geplant waren Ställe östlich und westlich des Schlosses, diese Pläne wurden jedoch wieder verworfen.

Rund um das Marstall, die Kaserne im Tal und die Bauhofstraße entstanden die ersten Häuser. Die Bewohner waren einfache Leute. Bedingt durch die zwei Kasernen, die Garnison und die Nähe zum Schloss gehörten neben Pferden und Soldaten auch Diener oder Tagelöhner zum alltäglichen Bild.

In der Unteren Stadt, dem „Täle“, steht die eigentliche Wiege der Stadt. Die Grenze zum Täle verlief in der Lindenstraße. Die nördliche Seite gehörte zum Täle, die südliche zur Oberstadt. Die Oberstadt war eine Planstadt, ein Plan der nicht nur den Stadtgrundriss umfasste, sondern auch die einzelnen Häuser und vor allem die Qualität seiner Bewohner.
Hier sollten die „Wunschbürger“ des Herzogs siedeln: die Ärzte und Apotheker, die Pfarrer, Lehrer und Kaufleute. Mit dieser Trennung wurde das „oben und unten“ definiert und es kam immer wider zu Auseinandersetzungen zwischen „oben und unter“.

Öffnungszeiten
Jeden 1. und 3. Sonntag in den Monaten Mai bis Oktober 2015, sowie am Tag des Denkmals, 13. September 2015
jeweils von 14:00 – 18:00 geöffnet.

Der Eintritt ist frei.